Kunst & Glaube
Ein nicht geplanter Besuch in der Regensburger Maria-Läng-Kapelle
War nur noch mit hoher ISO einzufangen: die Votivwand der Maria-Läng-Kapelle
Eigentlich sollte es ein frühmorgendlicher Spaziergang mit der Kamera durch das neblige Regensburg werden. Am Domplatz angekommen bog ich dann aber wie so oft und fast automatisch links in die Pfauengasse ab. Hinter einem profanen, fast unscheinbaren Hauseingang befindet sich die bei den Regensburgern sehr beliebte Kapelle Maria Läng.
Als ich an diesem kalten Novembermorgen in den kleinen, barocken Saalbau eintrete bin ich allein. Und wie immer geht mein Blick zuerst nach rechts zur Votivwand mit den zahlreichen Andachtskärtchen, Bittzetteln und Dankesbekundungen an die Heilige Maria. Auf einem kleinen, karierten Stück Papier bittet eine Frau um Beistand für ihren schwer kranken Mann, auf einem anderen bedankt sich jemand für eine Krebsheilung. Besonders rührend ist der Zettel eines kleinen Jungen: “Ich möchte das mein Papa wieder gesund fom vom Krieg nach Hause kommt. Sascha K. 6.10.24.” Ich lasse diesen Satz wirken, dann packe ich meine Kamera aus.
Natürlich ist es viel zu dunkel und nur sehr wenig Licht dringt in den Raum. In Ermangelung eines Stativs drehe ich die ISO meiner Fuji XT4 hoch. Zu hoch! Das Resultat: extremes Bildrauschen. Und in Zusammenspiel mit der SW-Einstellung entsteht fast die Anmutung eines grobkörnigen Analogfilms. Ich finde das passt zum “Setting”. Später, in der Bildbearbeitung, entscheide ich mich dazu, den Effekt mit einem “Kodak T-Max P3200”-Filter noch zu verstärken.
Ich arbeite mich von der Votivwand bis zum kleinen Altar vor. Über allem thront die Mutter Gottes in ihrer (angeblich) überlieferten Körpergröße. Daher der Name der Kapelle: Maria Läng. Nach 20 Minuten öffnet sich mit einem leisen Knarzen die Tür der Kapelle. Ein altes Mütterchen kommt herein. “Grüß Gott!” sag ich zu ihr. “Grüß Gott!” kommt es zurück. Die Frau stellt sich an die hinterste Bankreihe und beginnt zu beten. Für mich das Zeichen zu gehen. Um das Mütterchen nicht in ihrer Andacht zu stören verpacke ich meine Kamera erst vor der Kapelle in meiner Tasche. Ein lautes, aggressives Hupen erschallt vom Domplatz herüber. Das kalte November-Regensburg hat mich wieder.

